Jubiläum
Die Wilhelm Wagenfeld Stiftung wird in diesem Jahr 30 Jahre!
Es klingt fast wie ein langweilig-staubiger Verwaltungsakt: „1993 wurde die Wilhelm Wagenfeld Stiftung gegründet und nahm ihre Arbeit am Buntentorsteinweg auf. 1998 zog sie in die ehemalige Ostertorwache, dem heutigen Wilhelm Wagenfeld Haus.“
Glücklicherweise waren die letzten 30 Jahre aber alles andere als langweilig: wir haben mit vielen Menschen über Alltagsdinge diskutiert, Ausstellungen organisiert, Geld aufgetrieben, Kataloge gemacht und Kinder und Jugendliche für Gestaltungsfragen begeistert. Auch wenn wir uns mit ganz unterschiedlichen Designthemen beschäftigen - in unserer Objekt-Sammlung geht es vor allem um Wilhelm Wagenfeld. Mit den Jahren entwickelt man ein ganz besonderes Verhältnis zu seinen Entwürfen. Zum 30. Stiftungs-Geburtstag stellen wir unsere Lieblings-Objekte vor!
Bauhaus-Leuchte, 1924, Reedition von Tecnolumen Dr. Julia Bulk, Direktorin
Wenn jemand fragt, was ich beruflich mache, sage ich: „Ich leite das Wilhelm Wagenfeld Haus“. Es kommt vor – ganz selten natürlich – dass ich dann in ratlose Gesichter schaue. Ich ergänze dann meistens: „Wilhelm Wagenfeld – das ist der mit der Bauhausleuchte“, da wissen immer alle Bescheid und freuen sich. Mir gefällt an der Leuchte, dass sie Gegensätze vereint: Sie ist ein technisch-kühler Gegenstand – Stahl und Glas in streng geometrischen Formen. Zugleich hat sie aber auch etwas Harmonisches, Ruhiges, fast Poetisches. Sie begegnet mir tagtäglich, aber sattgesehen habe ich mich noch immer nicht.
Vase, VLG, 1935Tatjana Bluhm, Verwaltung
Mein Lieblingsstück ist eine kleine, blaue Herzvase der Vereinigten Lausitzer Glaswerke von 1935. Es gab sie in mehreren Größen und Farben. Mir gefällt vor allem die kleinste, weil sie so klein, rund und fast schon niedlich ist (in der Schweiz würde man herzig dazu sagen). Und Blau ist meine Lieblingsfarbe. Bei mir zu Hause steht sie nur zur Dekoration. Denn frische Schnittblumen gibt es bei uns im Haus eher selten, da unser Garten so angelegt ist, dass draußen fast das ganze Jahr über immer etwas blüht. Knickt aber z.B. beim Zurückschneiden mal eine Blüte ab, dann kommt sie ins Haus, und zwar in die Herzvase.
Konfektdose, WMF, 1962 Kathrin Hager, wissenschaftliche Mitarbeit
Ich liebe die gläserne Konfektdose auf meinem Schreibtisch. Es handelt sich um eine der vielen „Doppeldosen“ von Wilhelm Wagenfeld, das heißt, der Deckel ist als weiteres Gefäß nutzbar - sehr praktisch, wenn Besuch kommt. Neben den üblichen Schreibtischutensilien wie Locher, Stifte, Maus bringt die Dose eine gewisse Sinnlichkeit ins Spiel, ein bisschen Genuss, nicht nur weil sie eine wunderbare Farbe hat – blautürkis - sondern auch weil was Schönes drin ist: meistens Nüsse, zur Zeit aber kleine gestreifte Bonbons. Pralinen gehen auch. Macht sich hervorragend!
Portions-Kaffeekanne, WMF, 1956/58
Anja Ochsendorf, Archiv/Dokumentation
Meine Lieblingsstücke variieren. Zum Herbst wechsle ich zur versilberten
Portionskaffeekanne weil sie eine besondere Stimmung erzeugt: Es ist ein herbstlich-mildes Wochenende, ich habe mich in meinen Wollmantel gekuschelt, sitze auf einer Terrasse – und genieße einen heißen Kaffee aus dieser Kanne. Sie wurde für die gehobene Gastronomie entwickelt und ist daher haltbar, praktisch und liegt gut in der Hand. Ästhetisch ist sie ganz meine Welle: die Form ist elegant und schlank, der geschwungene Deckel lässt sich leicht auf- und zuklappen. Dann hört man ein leises, angenehmes Geräusch: klack-klack…
Zitronen- und Apfelsinenpresse "Messina", 1937
Frank Poppe, Ausstellungstechniker
Ich habe als Lieblingsstück spontan die zweiteilige Zitronen- und Apfelsinenpresse „Messina“ gewählt, denn ich kenne sie noch aus meiner Kindheit: Meine Großeltern besaßen diese Zitruspresse und ich durfte als kleines Kind, wenn ich bei ihnen zu Besuch war, damit im Sand spielen! Kürzlich brauchte ich für meinen eigenen Haushalt eine neue Zitronenpresse und hätte am liebsten die von Wagenfeld gekauft, nicht nur wegen der schönen Kindheitserinnerung, sondern weil sie so gut durchdacht ist: Die Presskerben sind sägeschnittartig geformt und so kommt mehr Saft aus der Frucht! Leider konnte ich sie nicht kaufen, da sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr produziert wird.
Fotos: Friedhard Neumann, www.friedhard-neumann.de
© für die Objekte von Wilhelm Wagenfeld: VG Bild-Kunst, Bonn 2023
Walter Gropius (Brief an Wagenfeld vom 14.04.1965), Direktor des Bauhauses 1919 - 1928