24.11.2017 - 22.04.2018
Welt aus Glas. Transparentes Design
„Welt aus Glas. Transparentes Design“ heißt die große Jahresausstellung 2017/18 der Wilhelm Wagenfeld Stiftung und widmet sich der Transparenz.
Zu Anfang des 20. Jahrhunderts herrscht eine wahre Transparenz-Euphorie. Die gerade entdeckten Röntgenstrahlen machen sichtbar, was dem menschlichen Auge bisher verborgen blieb, Chemiker entwickeln neue durchsichtige Werkstoffe. Moderne Gestalter verbinden den wissenschaftlichen Blick mit der Hoffnung auf eine bessere Welt. Bruno Taut baut 1914 ein Aufsehen erregendes Glashaus und hofft, das „neue Glas-Milieu“ könne die Menschen verändern. Wilhelm Wagenfeld entwirft in den 1930er Jahren Haushaltsgerät für die „gläserne Küche“ – „arbeitssparend, hygienisch und schwebend leicht“ – so heißt es in den Werbeblättern jener Zeit.
In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kommen technische Geräte mit transparentem Gehäuse auf den Markt und enthüllen Schaltkreise und Transistoren. Doch viele Kunden sind von so viel Einblick überfordert und bevorzugen Geräte, die kommentarlos funktionieren. Auch in der Mode kann Transparenz ebenso provozieren wie anregen. Seit Jahrtausenden wird mit dem Gegensatz von durchsichtigen und opaken Textilien gespielt. Mit der Entwicklung transparenter Kunststoffe eröffnen sich neue Möglichkeiten, Einsichten zu gewähren.
Der Wunsch, sich von der materiellen Welt zu befreien, hat in der abendländischen Kultur eine lange Tradition. Dass dieses Thema im 20. Jahrhundert im Alltag angekommen ist, zeigt die Ausstellung am Beispiel von Sitzmöbeln. 1926 hatte Marcel Breuer vorausgesagt, dass die Menschen in der Zukunft „auf einer elastischen Luftsäule“ sitzen werden. In den 1960er Jahren nähern sich Gestalter diesem Ideal mit aufblasbaren Sesseln aus klarer Kunststofffolie. Zaha Hadid geht 2015 einen neuen Weg und integriert das Motiv der Bewegung: Ihr „Liquid Glacial Chair“ erinnert an einen gefrorenen Wasserstrudel.
Zeitgleich mit der Begeisterung für durchsichtige Materialien regt sich schon früh Kritik an dem Ideal der Transparenz. Heute wird dieses Unbehagen oft mit dem Begriff des „gläsernen Bürgers“ umschrieben. Im letzten Kapitel der Ausstellung soll diese ambivalente Haltung zum Transparenzideal thematisiert werden. Wie viel Durchsicht braucht eine funktionierende Gesellschaft, wie viele Details geben wir in sozialen Netzwerken preis, welche Strategien der Undurchsichtigkeit gibt es?
Wir danken sehr herzlich
Karin und Uwe Hollweg Stiftung
Waldemar Koch Stiftung
Senator für Kultur der Freien Hansestadt Bremen
Medienpartner
Weser Kurier
Radio bremen zwei
Konzept: Dr. Julia Bulk
Ausstellungsgestaltung: Jakob Gebert & Hanna Krüger
Walter Gropius (Brief an Wagenfeld vom 14.04.1965), Direktor des Bauhauses 1919 - 1928